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Cannabis auf Rezept – Urteile gegen Telemedizin Portale

Cannabis auf Rezept - Urteile zu Telemedizin

Cannabis auf Rezept per Telemedizin boomt seit der Entkriminalisierung in Deutschland. Was den Verbrauchern mit med. Indikationen durch vereinfachten Zugang zu med. Cannabis zugutekam, sorgte auf Seiten der Apotheker- und Ärztekammern für Unmut der in Klagen gegen Portalbetreiber gipfelte. Dazu liegen nun zwei für die Branche relevante Urteile aus Hessen und Hamburg vor, die ein Fragezeichen hinter der bisher gängigen Betriebspraxis vieler Cannabis Telemedizin-Dienstleister stellen, sowohl mit Bezug auf die Präsentation von sortenspezifischen Informationen im Marktplatz-/Preisvergleichsansatz sowie im Hinblick auf die Werbung für Telemedizin-Dienstleistungen ohne persönlichen Arztkontakt. Die kostengünstige Verschreibungspraxis durch Fragebogen only ist umstritten und dürfe zumindest nicht beworben werden.

Diese beiden Urteile haben eine Signalwirkung über die beklagten Telemedizin Unternehmen hinaus. Dabei jedoch bleibt abzuwarten, inwieweit es höchstgerichtlich im Instanzgang hier eventuell noch zu Änderungen kommt. Ebenso möglich sind abweichende Auffassungen von anderen Gerichten, was sich wohl bald schon zeigen dürfte mit der nun verdeutlichten Rechtsunsicherheit bei weit verbreiteten Geschäftspraktiken. Was es genau mit den neuen Urteilen auf sich hat, welche Folgen daraus resultieren und was sich nun für Patienten und Betroffene Nutzer solcher Portale ändert, schauen wir uns diesem Blogbeitrag an.

Überblick aktueller Urteile gegen Telemedizin Dienstleister

Urteil vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main vom 06.03.2025 - Az. 6 U 74/24

Im Urteil des OLG Frankfurt am Main wurden drei Gesetzesverstöße vom Gericht geahndet.
1. Zu §31 MBO-Ä (Unerlaubte Zuweisung)
Dieser im Urteil beanstandete Rechtsverstoß bezieht sich auf die Art der Verrechnung zwischen Telemedizin Dienstleister und behandelnden Arzt. Ob Festangestellte oder Freelancer auf Honorarbasis. In der Branche sind verschiedene Modelle gängig. Als unrechtmäßig wurde im konkreten Fall die Praxis gewertet, bei der eine über den Sätzen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) liegender Betrag abgerechnet wurde. In Deutschland gilt außerhalb der Abrechnung von gesetzlich Krankenversicherten die GOÄ als Rechtsverordnung erlassen durch die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates verpflichtend für alle approbierten Ärzte.

2. Zu §9 HWG (Werbeverbot für Fernbehandlungen)
In konkreten Falle ging es um eine Telemedizin Plattform, die bereits vor Inkrafttreten des Cannabisgesetzes zum 01.04.2024 medizinische Behandlungen mit Cannabis anbot/bewarb nach ärztlicher Einschätzung. Dabei ist seit dem Wegfall des Betäubungsmittelstatus bei Cannabis auch der Umgang mit Medizinalcannabis, fortan im MedCanG als reguläres Arzneimittel geregelt, deutlich vereinfacht worden. Für Fernbehandlungen gilt jedoch nach §9 Heilmittelwerbegesetz ein Werbeverbot, ausgenommen wenn nach allgemein medizinisch fachlichen Standards eine Behandlung gleichwertig auch rein digital erfolgen kann, dabei weit verbreitet die Verschreibung auf Basis eines medizinischen Fragebogens zur Anamnese ohne persönlichen Arztkontakt. Hier befanden die Gerichte, dass die Ausnahmeregel des Werbeverbots nicht gilt, da auch unter den neuen rechtlichen Gesichtspunkten die Risiken von Medizinalcannabis unverändert blieben, darunter aufgeführt uA Suchterscheinungen als problematische Nebenwirkung, weshalb hier ein persönlicher Arztkontakt geboten sei. Dies stellen derzeit jedoch nur einzelne, durch den persönlichen Kontakt in Videogesprächen zum Arzt dann auch teureren Telemedizin-Dienstleistern. Der Logik des Urteils nach, würde die Ausnahmeregelung für solche Telemedizin Dienstleister mit direktem Kontakt zwischen Patient & Arzt nicht gelten? So zumindest mein Eindruck.

3. §10 HWG (Werbeverbote für verschreibungspflichtige Arzneimittel und Psychopharmaka)
Vom Gericht festgestellt wurde außerdem ein Verstoß gegen §10 Heilmittelwerbegesetz was ein Werbeverbot für Arzneimittel und Psychopharmaka vorsieht. Die Streitfrage dabei ab wann eine Sortendarstellung im teils Marktplatz ähnlichen Präsentationsstil nicht mehr rein informativem Zwecke dient, sondern die Schwelle zur Werbung mit (passiv) verkaufsförderndem Ansatz überschreitet.

§ 31 MBO-Ä Unerlaubte Zuweisung

(1) Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. (2) …

§ 9 HWG [Werbeverbot für Fernbehandlung]

1Unzulässig ist eine Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen oder Tier beruht (Fernbehandlung). 2Satz 1 ist nicht anzuwenden auf die Werbung für Fernbehandlungen, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien erfolgen, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.

§ 10 HWG  [Werbeverbote für verschreibungspflichtige Arzneimittel und Psychopharmaka]

(1) Für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden.

(2) 1Für Arzneimittel, die psychotrope Wirkstoffe mit der Gefahr der Abhängigkeit enthalten und die dazu bestimmt sind, bei Menschen die Schlaflosigkeit oder psychische Störungen zu beseitigen oder die Stimmungslage zu beeinflussen, darf außerhalb der Fachkreise nicht geworben werden. 2Dies gilt auch für Arzneimittel, die zur Notfallkontrazeption zugelassen sind.

Quelle:
https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/presse/wettbewerbswidrige-werbung-wurde-untersagt

DrAnsay Screenshot Webauftritt vom 14.03
DrAnsay Telemedizin Webportal Screenshot Stand 13.03.2025

Urteil vom Landgericht (LG) Hamburg gegen DrAnsay vom 11.03.2025 - Az. 406 HKO 68/24

Im zweiten Falle ging es um die Telemedizin Plattform DrAnsay. In diesem Falle wurden Verstöße gegen §9 und 10 Heilmittelwerbegesetz festgestellt.

DrAnsay ist eine der bekanntesten Telemedizin Portale in Deutschland. Nicht erst seit der ZDF-Dokumentation über Aspekte des Geschäftskonzepts die rechtliche Fragen aufwarfen, wie in der Dokumentation weitgehend aufgearbeitet wurde, auch durch Sichtbarkeit in Social Media wie TikTok macht der Unternehmer hinter DrAnsay regelmäßig auf sich aufmerksam. Auch über die Unternehmensaccounts wird der Telemedizin Dienstleister präsentiert.
Eine Art des Webauftritts der je nach Ausgang der Verfahren eventuell ein Ende finden wird. Wie oben bereits zum vorangegangenen Urteil aus Hessen gegen einen anderen Plattformbetreiber ausgeführt, darf für einen nicht persönlichen Kontakt gemäß Werbeverbot nach §9 HWG nicht geworben werden.

Ein weiteres Problem auch hier die Marktplatz Darstellung der über Partnerapotheken verfügbaren Sorten. Eine Form der Darstellung zu rein informativen Zwecken wie DrAnsay beteuerte. Dieser Auffassung ging das Gericht nicht mit und folgte damit der Rechtsauffassung der Kläger in diesem Falle die Apothekerkammer Nordrhein. Sortenpräsentationen wie im Falle von DrAnsay würden wie im anderen Falle auch absatzfördernde Wirkung erzielen, weshalb auch hier gegen das Laienwerbeverbot nach §10 HWG verstoßen werden würde.

Ob das Urteil rechtskräftig wird oder angefochten wird, ist Stand 14.03 der Veröffentlichung des Blogartikels nicht bekannt.

Cannabis aus Rezept per Fragebogen gängige Praxis

Die Verschreibung von Cannabis auf Rezept per medizinischem Fragebogen ist eine verbreitete Art der Anamnese. Insbesondere im Preis der Telemedizin Dienstleister macht sich die Art der Anamnese bemerkbar. Die Praxis ist auch von Seiten des Gerichts umstritten, da eben mit Verweis auf die unverändert vorhandenen Risiken bei der Behandlung mit Cannabis auf Rezept ein persönlicher Arztkontakt erforderlich sei, der im Falle von DrAnsay bisher nur optional per Zubuchung durch Videotelefonie erfolgte. Dies ist im Abwicklungsprozess auf der Plattform zur Auswahl hinterlegt und damit schon mehr, als manch Mitstreiter vorweist.

Auswirkungen auf Patienten & Medizinalcannabis / Telemedizin Branche

Vorerst arbeiten die bekannten und betroffenen Plattformbetreiber dem Anschein nach unverändert weiter. Selbst an der Art der Präsentation scheint sich noch nichts geändert zu haben, dementsprechend gehe ich davon aus, man werde den Instanzgang vollumfänglich anstreben und eventuell sogar rechtlich auf maximalen Konfrontationskurs gehen vorerst. 

Für Patienten sollte sich erstmal wenig ändern. Das kann sich jedoch in den nächsten Monaten noch teilweise ändern. Verschärfungen der Verschreibungspraxis werden auch von SPD-Landesministern gefordert, von denen im AG6 Gesundheit & Pflege gleich zwei Kritiker bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union (CDU/CSU) anwesend sind. Dies zwar unter stv. Leitung von Karl Lauterbach auf Seiten der SPD, dennoch bleibt es damit nicht ausgeschlossen, dass man sich hier falls die Union dies fordert, zu Verschärfungen einigt.

Möglicher Einfluss auf Medizinalcannabis & Telemedizin Branche

Sowohl die Sichtbarkeit der Telemedizin Angebote sowie von Vergleichsportalen zu Medizinalcannabis könnte in Zukunft von rechtlichen Neuregelungen betroffen sein. Desweiteren wäre es tatsächlich denkbar, den direkten Arztkontakt bei (Erst-)Verschreibung gesetzlich zu regeln, was kein Ende der Telemedizin Dienstleitungen wäre, jedoch ein für die Unternehmen einzukalkulierender Mehraufwand und damit auch für Patienten steigende Kosten in der Telemedizin Behandlung für Cannabis auf Rezept.
Ein Grund für den Telemedizin Boom ist zudem der Umstand, dass nicht selten Anfragen von Betroffenen mit med. Indikation von niedergelassenen (Fach-)Ärzten pauschal abgelehnt werden, ungeachtet der spezifischen Falldetails des Patienten. Für viele Betroffene mit med. Indikation geht daher der Weg für Cannabis auf Rezept oft nur über die Telemedizin Plattformen, obwohl das Anwendungsspektrum vielseitig ist und die Nebenwirkungen verglichen mit anderen verbreiteten rezeptpflichtigen Medikamenten als geringfügig einzustufen sind.
Sollte die Verschreibung vom Gesetzgeber erschwert werden, würde dies dem boomenden Markt um Medizinalcannabis einen Dämpfer verpassen. Im Jahr 2024 wurden nach deutlichen Zuwächsen ab Entkriminalisierung zum 1.4 wie in diesem Video thematisiert ganze 72 Tonnen Medizinalcannabis importiert. Dazu kommt noch das national angebaute Medizinalcannabis. Dieser deutliche Zuwachs beschert der Branche Millionenumsätze und schafft Arbeitsplätze sowie eine sichere, legale Versorgung für Menschen mit med. Indikation und das vollversteuert, wodurch jedes Gramm der Allgemeinheit zu Gute kommt bei hohen Produktstandards.

Eigenbehandlung weit verbreitet unter Freizeitkonsumenten

Der Trend zu Cannabis auf Rezept ist neu, nicht neu hingegen der Aspekt von Eigenbehandlungen unter Freizeitkonsumenten, die nicht ausschließlich zu Spaßzwecken konsumieren.
Seien es Schlafstörungen, Schmerzen oder gegen übermäßigen Stress in einer schnelllebigen (Arbeits-)Welt zum abendlichen runterfahren oder gezielt auch im Alltag unterstützend … die Anwendungsbereiche bei Konsumenten, oft verschrien als Spaßpatienten sind vielseitig. Dabei kann es nicht im Sinne der Sache sein, Menschen den vereinfachten Zugang zu Medizinalcannabis zu erschweren.
Der durch Einführung des Cannabisgesetzes (CanG) ermöglichte legale Eigenanbau ist auch in diesem Kontext oft ein Mittel der Wahl gewesen, um zielgerichtet sauberes, ungestrecktes Cannabis zu erhalten aus den frei gewählten Sorten. Doch dies ist im gesetzeskonformen Rahmen nur eingeschränkt möglich und/oder aufgrund fehlendem grünen Daumen oder Platz etc. nicht bei jedermann möglich oder gewollt.

Kritiker einer zu losen Verschreibung sollten auch geschlossen für eine legale kommerzielle Abgabe in Fachgeschäften einstehen, ob von Apotheken betrieben oder per sonstigen Lizenznehmern. Wichtig ist es grundsätzlich im Sinne der Verbrauchersicherheit und Gesellschaft sämtliche Interessenten an Cannabis abzuholen, auch jene die im Graufeld zwischen Freizeit- und medizinischem Konsum stehen.

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