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Oliver Neusser
Lauterbach bei Lanz zur Legalisierung von Cannabis
Legalisierung in Deutschland? Überblick Cannabis Pläne der Bundesregierung - Lanz Faktencheck
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu Gast bei Markus Lanz am 08.02. Neben diversen Gesetzinitiativen zur Reformation des medizinischen Versorgungssystem darunter uA das Krankenhaustransparenzgesetz, ging es zu Beginn der Sendung um das hier betrachtete Thema der Cannabis Freigabe in Deutschland.
Fälschlicherweise wird häufig von einer Legalisierung gesprochen, was mit Blick ins Cannabisgesetz (CanG) so für Deutschland jedoch nicht zutrifft. Die geplante Cannabis-Freigabe umfasst lediglich eine Teilentkriminalisierung zum privaten Eigengebrauch.
Darunter Regelungen zu erlaubtem Anbau / Besitz / Konsum usw. jedoch ohne kommerzielle Abgabestrukturen im Sinne einer Legalisierung wie man sie beispielsweise aus Kanada kennt.
In zwei Säulen möchte der Gesetzgeber die Cannabis-Politik in Deutschland auf einen neuen EU-konformen Weg bringen, raus aus der Einbahnstraße der bisherigen strikten Verbotspolitik.
In Säule 1 soll der private wie gemeinschaftliche Eigenanbau im Rahmen von Anbauvereinigungen erlaubt werden. In Säule 2 sollen Modellprojekte zur kommerziellen Abgabe folgen. Für diesen Schritt, zu dem es bisher keinerlei Details Informationen gibt, da das Bundesgesundheitsministerium bisher nichts vorlegte, haben sich bereits viele Städte und Kommunen als Modellregionen antragsbasiert in Stellung gebracht.
Mit Blick auf die Situation jetzt soll das Cannabisgesetz (CanG) in Sitzungswoche 3 im Bundestag verabschiedet werden, fehlt jedoch Stand 09.02 noch auf der vorläufigen Tagesordnung des Bundestages sowie bisher noch nicht gesetzt im zuvor nochmal zu durchlaufenden Gesundheitsausschuss (reine Formsache).
Derweil bekommen in Sendungen wie bei Markus Lanz die Kritiker des Gesetzvorhabens aus eigenen SPD-Reihen wieder eine Bühne. So wurde die zuletzt von Sebastian Fiedler, dem kriminalpolitischen Bundestagsfraktionssprecher der SPD ausgesprochene Kritik bei Lanz aufgegriffen.
Werden Cannabis Dealer entkriminalisiert?
Einer der Ausgangskritikpunkte in der Sendung waren die Besitzobergrenzen. Die Regelung der in der Öffentlichkeit legal zu besitzenden bis zu 25g Cannabis sei eine ideale Vertriebsgrundlage für (Klein-)Dealer.
Dabei ist mir wichtig zu betonen, dass ausgerechnet Sebastian Fiedler selbst seit Jahren den Portugiesischen Weg als gangbares Modell auch für Deutschland vorsieht und sich dafür aussprach in Vergangenheit, jetzt aber ein so großes Problem mit diesen auch im Portugiesischen Modell erlaubten bis zu 25g Besitzobergrenze hat!
Diese Scheinheiligkeit sondergleichen mal vorneweg in den Fokus gerückt, zieht sich die Fragwürdigkeit durch seine gesamte Argumentation.
Markus Lanz als dem Thema Cannabis gegenüber schon immer negativ eingestellter Moderator und seiner Redaktion kamen Fiedlers Wiederworte da nur gelegen.
Baute er den Beginn der Sendung zentral auf die Kritik der SPD-Innenpolitiker um Fiedler auf.
Laut Fiedler würden „Dealer entkriminalisiert“ was einfach nur falsch ist.
Eine grundsätzliche Besitzfreimenge KANN von Dealern temporär genutzt werden, wobei wenn überhaupt eher die Kunden von der Regelung profitieren, als der Dealer mit Lieferbewegungen zumeist weit über den 25g.
Gerade hierfür hat die Polizei insbesondere die Fachdezernate Rauschgift durch den Wegfall der Großteils Eigenbedarfsdelikte bei den jährlich rund 180000 Strafverfahren wegen Cannabis, dann umso mehr Zeit gegen vorzugehen!
Eine Frechheit wenn die Entkriminalisierung mit Regelungen zum Wohle von Millionen einfacher Konsumierenden abgewogen wird, gegen potentielle Einzelfälle die um diese Regelungen herum weiter kriminell bleiben werden im Kontext zu Cannabis.
Darüber hinaus sei betont – der Umgang mit Cannabis bleibt weiterhin verboten, lediglich im geringfügigen Rahmen für Anbau und Besitz gemäß Besitzregelungen wird entkriminalisiert.
Das zeigt sich sich bereits im §2 Umgang mit Cannabis im CanG sowie in §34 Strafvorschriften sowie §36 Bußgeldvorschriften.
Wird der Jugendschutz bei Cannabis verbessert?
Der Jugendschutz wird durch das Cannabisgesetz (CanG) im Rahmen der Entkriminalisierung erstmalig etabliert, im bisherigen Schwarzmarkt gab es exakt KEINEN Jugendschutz, dazu noch der hohe Verbreitungsgrad teils massiv gesundheitsschädlichem, gestreckten Cannabis im Umlauf.
Zu beiden Themenfeldern gibt es Verbesserungen.
So sind im Rahmen des CanG folgende § zum Zwecke des Jugendschutzes etabliert:
§ 5 Konsumverbot
§ 6 Allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot
§ 7 Frühintervention
§ 8 Suchtprävention
Darüber hinaus wurden im Haushalt 2024 zusätzliche +4 Millionen € für Aufklärung-/Prävention etc. bewilligt.
Klar ist, man wird nicht jede Form der Abgabe an Minderjährige komplett unterbinden können, ebenso wenig wie man den Schwarzmarkt vollständig verdrängen wird. Doch es ist ein Fortschritt, den es zu wagen gilt und das schon längst! Durch einen steigenden Anteil an Eigenanbau, Waren aus Anbauvereinigungen etc. wird auch insgesamt am Schwarzmarkt ein Einfluss auf das durchschnittliche Qualitätsniveau haben, schlicht aus Absatzgründen.
Insbesondere stark gestreckte Minderqualitäten werden es dann am Markt zunehmend schwer haben, wird dann auch endlich über die BzGA zu diesen Gefahren sachlich intensiv aufgeklärt, wird das langfristig zu wahrnehmbaren Qualitätsverbesserungen im Restschwarzmarkt führen!
Im Sinne des Gesundheitsschutzes auch dann ein Erfolg, gerade dann wenn man ihn nicht gänzlich verdrängen kann. Von diesen langfristigen Verbesserungen werden auch jene profitieren, die bewusst alle Jugendschutzmaßnahmen umgehen um doch verfrüht zu konsumieren entgegen aller Empfehlungen und Warnungen.
Toxische THC-Konzentrationen im Schwarzmarkt verbreitet?
Da kam es wieder bei Lanz, das Märchen der toxischen THC-Konzentrationen vom Gesundheitsminister selbst verbreitet.
Zur Einordnung dieser Fehlinformation, Gesundheitsminister Lauterbach spricht nicht zum ersten Mal von „toxischen Konzentrationen“ im Schwarzmarktcannabis von teils über 20% und das Cannabis sei immer stärker geworden. Er zieht dabei die direkte Verbindung zu einer insbesondere Gehirn schädigenden Wirkung ausgehend von solch potentem Cannabis, was jedoch faktisch nicht belegbar ist.
Ja es sind durch Zuchtfortschritte auch stärkere Sorten auf den Markt gekommen, dabei ist es aber nicht haltbar zu behaupten, eine höhere Kontentration würde „toxische“ Wirkungen entfalten.
Anders als bei Alkohol als Zellgift ist die Begrifflichkeit Fehl am Platze.
Mit Blick auch Medizinalcannabis sind viele Sorten für Kranke vorgesehen häufig weitaus potenter als der Schwarzmarktdurschnitt. Die kontrollierte Indiestriequalität bei Cannabis aus dem Medizinalsektor weist mit Blick auf Online Apotheken-Sortimente durschnittswerte je nach Anbieter um die ~25% THC auf mit Sorten vereinzelt bei über 30%!
Lauterbach schweigt bei Lanz zu Säule 2 Modellprojekte
Das Schweigen zu Säule 2 Modellprojekte, ein Gesetzesvorhaben schon jetzt mit Verspätungen ganz nach Säule 1 … ist bis heute noch nicht in Sicht. Obwohl ursprünglich der Gesetzentwurf bis nach Sommerpause 2023 vorgelegt werden sollte, ist Anfang 2024 noch immer weit und breit nichts davon in Sicht.
Beim Lanz Auftritt am 08.02 nutzte Lauterbach einige Male den Vergleich zu Kanada, um die Erfolgsaussichten der mit dem Cannabisgesetz geplanten Entkriminalisierung, weit ab einer Legalisierung, mit dortigen Erfolgen zu vergleichen. Auch auf Rückfragen von Spiegel Redakteurin Melanie Amann, es würde ohne Verkauf einen großen Unterschied geben im Vergleich der Gesetzessituationen und Auswirkungen, stieg Lauterbach nicht auf sein eigenes Gesetzvorhaben ein, dass er noch nach Willen der Fraktion und Koalition vorzulegen hat.
So sympathisch ich es finde, dass sich Lauterbach scheints doch sehr in den Gedanken der Anbauvereinigungen verliebt hat, so skeptisch bin ich in der Einschätzung der Langzeitakzeptanz dieser Anbauclubs.
Die Regeln im Cannabisgesetz (CanG) dazu sehen unter anderem folgende für viele als Hemmnis wahrgenommene Regelungen vor:
– Mitwirkungspflicht aller Mitglieder beim Anbau
– Verbot von Sozialversicherungspflichtig Angestellten im Anbau oder der Beauftragung Dritter
– Namentliches Mengenregister intern (Anonymisierungs-/Depersonalisierungsgrad der Datenerfassung wird noch geprüft)
– Versandverbot, man muss es vor Ort abholen kommen (Menschen mit eingeschränkter Mobilität usw…)
Darüber hinaus könnte es zum Mangel an Plätzen kommen, abhängig vom Grad der Restriktivität gegenüber den Anbauvereinigungen seitens der Kontrollbehörden der Länder.
Je restriktiver die Auflagen und Kontrollen, desto weniger Clubs wird es geben. Ebenfalls abhängig von der Akzeptanz der Clubs wird eine gerechte Anpassung der Grenzwert-/Führerscheinthematik.
Sollte ein Führerscheinverlust über die Abgabemengen eines Clubregisters schon offensichtlich sein, könnte dies bis rechtlich eindeutig Klarheit herrscht auch den ein oder anderen zusätzlich abschrecken.
Grundsätzlich bin ich Verfechter der Clublösung, betone aber abschließend nochmals die Notwendigkeit von Säule 2 sowie einem langfristigen Bestreben nach einer flächendeckenden echten Legalisierung von Cannabis.
Dazu muss auch auf EU-Ebene mehr passieren, um langfristig hier eine Anpassung des Rechtsrahmens zu erzielen.
Mit Blick auf Tschechien oder die Niederlande ist das EU-Recht bisher stets Hemmnis gewesen, größere Schritte Richtung Cannabis Legalisierung zu gehen, aber immerhin es geht voran …
Fehlende Produktsicherheit im Eigenanbau?
Der letzte Themenpunkt bei Lanz falsch dargestellt, den wir hier behandeln ist die Annahme von Spiegel Redakteurin Melanie Amann, mit Blick auf die am Schwarzmarkt gängigen Verunreinigungen sei im Eigenanbau dabei keine Garantie gegeben, davon nicht auch betroffen zu sein weil es ja niemand kontrollieren könne wie die Leute anbauen … WTF!
Wir reden bei Verunreinigungen und Streckmitteln um Großteils KÜNSTLICH / EXTRA hinzugefügte Mittel zur idR Gewichtserhöhung oder dem Vorschein augenscheinlich potenter Ware (glitzern mineralischer Dünger usw) nachdem beispielsweise schon für Hasch im Großhandel bearbeitet. Grundsätzlich gilt, je feiner das Material im Schwarzmarkt, desto eher ist es mit feinerem Materialgrad zunehmend gestreckt. Mehr Oberfläche, mehr Gewichtszunahme, mehr Profitsteigerung für skrupellose Dealer!
Streckmittel wie Brix (Kunststoffmix), Haarspray, Mineralische Dünger, Quarzsand, Zuckerwasser uvm. sind im Eigenanbau ausgeschlossen, denn wer vergiftet sich freiwillig selbst?
Eigenanbau ist gelebter Gesundheitsschutz durch willentliche Vermeidung eben jener Zusätze, über potentielle Qualitätsprobleme aus handwerklich nicht optimaler Handhabe wie Schimmel im Eigenanbau muss man diskutieren, kann dies aber keineswegs mit den Gefahren am Schwarzmarkt hinsichtlich der Produktqualität gleichsetzen.
So sind neben konventionellen Streckmitteln, die langfristig massiv Gesundheitsschädigend sind, seit Jahren zunehmend synthetische Cannabinoide als Zusatz auf Cannabis aufgetragen im Umlauf.
Synthetische Cannabinoide können in Einzelfällen bei Überdosierung bis zum Tode führen!
Es wäre also schön, wenn sich ausgerechnet eine Spiegel Redakteurin thematisch sich zumindest etwas genauer vorbereitet hätte, Fachjournalismus verwässert leider zunehmend.
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Als Legalizer bin ich seit über 2 Jahren intensiv aktiv für die Legalisierung von Cannabis. Aktiv eingebracht und den Gesetzgebungsprozess des CanG in allen Schritten begleitet, werde ich auch weiterhin auf allen Ebenen für die vollständige Legalisierung von Cannabis eintreten.
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